Naturschutzgebiet Immenberg
Südöstlich von Frauenfeld erstreckt sich ein Naturschutzgebiet mit ausserordentlichen Landschaftsformen.
Molasse als Grundlage einzigartiger Artenvielfalt im Thurgau
Geologisch gesehen ist der Immenberg ein Molassehügel und besteht folglich vorwiegend aus Nagelfluh, Sandstein und Mergel. Das Gestein bildet die Grundlage für die abwechslungsreiche Landschaft und grosse Vielfalt. Beispielsweise siedeln sich auf den mageren Geländerippen vor allem genügsame Pflanzen an, die mit den schnell wachsenden Pflanzen in den Tallagen nicht konkurrieren können, wie z. B. der Frauenschuh oder das Purpur-Knabenkraut. Ebenso bietet der Immenberg-Südhang durch seine sonnenexponierte Lage einen wichtigen Lebensraum für wärmeliebende Pflanzen und Tiere. Neben den geografischen und geologischen Faktoren spielte für die Entwicklung der hohen Artenvielfalt auch die historische Landnutzung eine wichtige Rolle. Im 18. Jahrhundert wurde das Gebiet für den Weinbau genutzt, was heute noch an einigen zungenartig in den Wald hinaufgreifenden Wiesen zu erkennen ist. Historische Dokumente zeigen zudem, dass die Waldfläche des Immenbergs besonders an steilen Hängen kleiner und lückenhaft ausgeprägt war und grosse Teile davon beweidet oder zur Streunutzung verwendet wurden. Dadurch entstanden ökologisch interessante lichte und nährstoffarme Wälder. Infolge der Nutzungsaufgabe und -änderungen nahmen bis Ende des 20. Jahrhunderts der geschlossene Wald und das intensiv genutzte Grünland auf Kosten der artenreichen lichten Wälder und mageren Wiesen zu, wodurch es zu einem deutlichen Verlust der Artenvielfalt kam.
Das Immenberg-Projekt
1977 wurde der Immenberg ins Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) aufgenommen. Anfang der 90er Jahre regte Pro Natura die Ausarbeitung eines Schutz- und Pflegekonzeptes an. Durch Landkauf und Dienstbarkeitsverträge mit den Grundeigentümern konnten mittlerweile ca. 40% der interessanten Flächen gesichert werden. Durch das Mosaik aus Parzellen, die in das Projekt integriert sind und solchen, die sich in Privatbesitz befinden, entstand am Immenberg-Südhang eine grosse Vielfalt unterschiedlich behandelter Flächen, die damit Lebensgrundlage für ganz unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten bieten.
Orchideen und Waldteufel am Immenberg
Jahr für Jahr blühen tausende von Orchideen im lichten Wald, wobei insgesamt 26 verschiedene Arten nachgewiesen werden konnten. Besonders hervorzuheben ist sicherlich der eindrückliche Bestand des gefährdeten Purpur-Knabenkrauts, welcher sich seit 2008 verdoppelt hat und wohl der grösste der Schweiz ist. Aber auch der Frauenschuh gedeiht im Halbschatten der lichten Wälder hervorragend. Insgesamt konnten am Immenberg über 600 verschiedene Pflanzenarten nachgewiesen werden, darunter auch weitere gefährdete Arten wie das Breitblättrige Laserkraut, der Färberginster oder die Kelch-Simsenlilie sowie die Gewöhnliche Kuhschelle oder der Durchwachsene Bitterling.
Auch die Fauna umfasst eine grosse Vielfalt an zum Teil für die Nordostschweiz sehr seltenen Arten. Durch die Öffnung der Baumschicht und der damit einhergehenden starken Entwicklung der Krautschicht vergrösserte sich das für Insekten wichtige Blütenangebot sehr rasch. Für Tagfalter bietet der Immenberg einen der wenigen Rückzugsorte im Mittelland, weshalb einige Arten hier sehr isoliert vorkommen. Zu den wichtigsten gehören sicherlich der Waldteufel und das Hufeisenklee-Widderchen. Insgesamt konnten über 50 verschiedene Tagfalterarten gezählt werden. Auch bedeutende Heuschreckenarten wie die Westliche Beissschrecke oder die Kleine Goldschrecke, welche auf extensive Wiesen und Weiden angewiesen sind, finden am Immenberg einen Lebensraum. Grabwespen und Wildbienen, welchen zentrale Funktionen im Ökosystem zukommen, finden sich ebenfalls in erstaunlich grosser Artenzahl.
Durch die intensive Pflege der ausgewählten Wald- und Wiesenflächen am Immenberg wird nicht nur die lokale Artenvielfalt erhalten und besonders gefährdete Arten gefördert und geschützt, sondern das Schutzgebiet dient auch als Quellstandort für die Ausbreitung dieser seltenen Arten zu kleineren Lichtungen und Wegrändern im Thurgauer Wald. Unterstützen auch Sie diese Bestrebungen, indem Sie die Verhaltensregeln im Schutzgebiet befolgen.
Naturschutzgebietdetails
Anreise
Ab Frauenfeld mit dem Bus Richtung Tobel-Affeltrangen bis Haltestelle Kalthäusern-Weingarten oder Kalthäusern-Dorf.
Ab Weinfelden mit der S-Bahn Richtung Wil SG bis Tobel-Affeltrangen, von dort mit dem Bus Richtung Frauenfeld bis Haltestelle Kalthäusern-Weingarten oder Kalthäusern-Dorf.
Weiterführende Informationen
Info
Bitte spazieren Sie nur auf den offiziellen Wegen.
Fahrradfahren ist im gesamten Schutzgebiet untersagt.